„Draußen nur Kännchen“ 1 – Über Leserbriefe

Vor einer Woche hatte ich in diesem Blog die Kultur des Leserbriefschreibens und implizit (indem ich den Kommentar-Schmodder in einer durchschnittlichen Online-Zeitung oder in normalen Blogs als abschreckendes Gegenbeispiel namhaft gemacht hatte) vor allem auch die Kunst des Leserbriefe-Redigierens gelobt. Es freut mich sehr, gestern bei Asserate einen sehr schönen Absatz zu diesem Thema gefunden zu haben:

Ein gewichtiges Korrektiv einer Zeitung ist die von Journalisten gemeinhin belächelte Leserbriefseite. Aber da gibt es nichts zu lächeln. In den deutschen überregionalen Zeitungen – von der Frankfurter FAZ bis zur Berliner taz – ist die Leserbriefseite ein täglicher fester Bestandteil, und dies mit Fug und Recht: In einer kultivierten Zeitung ist die Leserbriefseite mindestens so interessant wie der redaktionelle Teil. Eine gute Leserbriefseite bringt nicht irgendwelche Jubeladressen, in denen der Redaktion versichert wird, wie fabelhaft richtig sie schon wieder gelegen hat, sondern fundierte Kritik, in der all das Grundlagenwissen zum Vorschein kommt, das der vielbeschäftigte, den Tagesanliegen hingegebene Journalist nicht haben kann und das in einem leicht und unterhaltsam geschriebenen Artikel auch gar nicht oder nur schwer untergebracht werden könnte. Die Kunst einer Leserbriefredaktion, die in seriösen Zeitungen besonders fähigen Redakteuren anvertraut wird, besteht darin, die besten Leser der Zeitung zu solchen Briefen zu ermutigen und ihnen durch einen möglichst unverstümmelten Abdruck ihrer Briefe zu danken, auch wenn das manchmal schwerfallen mag, weil das Eingeständnis eigener Schwäche damit verbunden ist.

S. 135

Übrigens bin ich von diesem Bändchen auch ansonsten sehr angetan: Es ist bescheidener ausgestattet als die „Deutschen Tugenden“, um so angenehmer ist der Leser überrascht, daß es fast noch gehaltvoller ist. Später vielleicht mehr dazu.

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